Sehr geehrter Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,
die Tinte unter dem Koalitionsvertrag im Bund ist noch nicht ganz trocken und schon stößt die Fraktion der CDU in Hamburg ihrer Mutterpartei einen Dolch in den Rücken und greift die gemeinsam vereinbarte Arbeitsgrundlage mit der SPD für die nächsten vier Jahre an.
Sieht so Regierungsverantwortung aus?
Klare Antwort: Nein.
Und deshalb regieren wir hier in Hamburg mit den Grünen, meinen Damen und Herren.
Vor etwas mehr als einem Jahr ist das KCanG, das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis, in Kraft getreten. Es war ein langer Weg bis dorthin. Es hat viele Anläufe gebraucht. Viele unterschiedliche politische, rechtliche, aber auch wissenschaftliche Ansichten mussten unter einen Hut gebracht werden.
Ein Hauptziel dabei war das Entkoppeln des Cannabiskonsums vom Schwarzmarkt und die Entkriminalisierung der Konsumenten.
Die Gefahren für die Gesundheit der Menschen, vor allen Dingen die der Kinder und Jugendlichen mussten dabei im Blick behalten werden.
Das Gesetz, das seit dem 1.4.2024 gilt, war letztendlich ein Kompromiss, der nicht jedem gefallen hat. Auch in den Reihen der SPD nicht. Mich selbst möchte ich da als Gesundheitspolitikerin nicht ausnehmen. Aber, so kennt man das von uns in Hamburg, wir setzen Gesetze, wenn sie dann beschlossen sind, konsequent um. Und in diesem Fall haben wir das Gesetz maximal ausgelegt. Etwa bei der Strafverfolgung oder beim Bußgeldkatalog.
Wenn wir Gesetze wie dieses erlassen, und das ist in Hamburg nicht anders als im Bund, und wir nicht sicher sein können, ob mit der Umsetzung die Ziele erreicht werden, dann nutzen wir das hilfreiche Werkzeug der Evaluation und packen es mit in den Gesetzestext.
Beim Cannabisgesetz sind zum Beispiel nach 18 und 24 Monaten Zwischenevaluationen und nach 4 Jahren eine abschließende Evaluation vorgesehen.
Bis dahin werden Beobachtungen und Daten erhoben mit denen man dann sinnvoll bewerten kann, ob man die Maßnahmen beenden, nachschärfen oder beibehalten soll.
Nicht sinnvoll hingegen ist es, ein Gesetz auf halber Strecke aufgrund von einzelnen Aussagen von Personen oder Verbänden, die vorher schon dagegen waren und komplett ohne Datengrundlage einfach abzubrechen.
Sie sind anscheinend auf einen dpa-Artikel von vor etwa einem Monat aufgesprungen, in dem bemängelt wird, dass Ziele nicht erreicht wurden, die zu dem Zeitpunkt noch gar nicht erreicht werden konnten.
Nur zwei Beispiele dazu:
• Eine Infrastruktur für legale Cannabisabgabe muss sich erst ausbilden um nachhaltig den Schwarzmarkt zu ersetzen und
• abschreckende Bußgelder müssen erst ausgesprochen werden, bevor sie langfristig Wirkung entfalten.
Gerade deshalb ist die erste Zwischenevaluation in diesen Bereichen erst nach zwei Jahren vorgesehen. Und die Behörde, die in dem Artikel zitiert ist, wird selbst der Ansicht sein, dass eine sinnvolle Bewertung des Gesetzes auch erst dann möglich ist.
Was sie in ihrem Antrag aber völlig außer Acht lassen:
• Was wäre, wenn wir jetzt eine 180 Grad Kehrtwende machen?
• Was wäre dann mit der Belastung für Justiz und Polizei?
• Wie würde sich der Schwarzmarkt dann entwickeln?
• Wie erreichen wir die Jugendlichen dann, wenn wir sie wieder kriminalisieren?
Die Frage aller Fragen ist doch:
War unsere Politik vor dem Cannabisgesetz wirklich so effektiv, dass wir sagen, dahin wollen wir zurück?
Ihr Antrag, liebe CDU-Fraktion, hat mich schon etwas ernüchtert. Keinerlei selbst erarbeitete inhaltlichen Punkte, aus denen man politisches Handeln ableiten könnte. Polemik, wo einem die sachlichen Argumente ausgehen. Alleine der Titel des Antrages kündigt schon an, dass danach nicht mehr viel Substanzielles zu erwarten war.
Letztendlich ist ihr Antrag reine Symbolpolitik.
Gott sei Dank haben Sie dafür bei uns keine Mehrheiten.
Vielen Dank!