***Redemanuskript***

Sehr geehrter Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

in Hamburg gibt es mehr niedergelassene Ärztinnen und Ärzte als im Bedarfsplan vorgesehen sind. Hamburg gilt damit als medizinisch überversorgt. Während die Blankeneser noch zustimmend zunicken, schütteln die Bewohner anderer Stadtteile in Bergedorf oder Harburg verständnislos den Kopf. Aber die Aussage ist richtig und beide Reaktionen sind passend.

Hamburg gilt bei der Bedarfsplanung mit all seinen bald zwei Millionen Einwohnern als ein Planungsgebiet. Wer einen bestehenden Arztsitz besitzt oder erwirbt, darf sich innerhalb der Hamburger Stadtgrenzen überall niederlassen. Wer keinen besitzt und vielleicht in Allermöhe eine Praxis eröffnen will, darf das nur mit einer Sonderbedarfszulassung tun, die, wenn sie überhaupt erteilt wird, für Medizinerinnen und Mediziner obendrein unattraktiver ist als ein gewöhnlicher Kassenarztsitz.

Schaut man sich die Arztsitzverteilung in Hamburg an, könnte man den Eindruck gewinnen, dass der Versorgungsbedarf einiger Ärztinnen und Ärzte weit mehr Gewicht hat als der Versorgungsbedarf der Patientinnen und Patienten.
Ich kann im Einzelfall gut nachvollziehen, warum man sich lieber in einem besser gestellten Stadtteil niederlässt, insgesamt dürfen wir als Stadt aber dabei nicht tatenlos zusehen, meine Damen und Herren.

Das Problem ist nicht neu. Die SPD-Fraktion in Harburg hat es bereits 2014 aufgegriffen und auch die Kassenärztliche Vereinigung hat seinerzeit bestätigt, dass eine Umstrukturierung der Bedarfsplanungseinheiten sinnvoll wäre.

Die 2013 eingerichtete Landeskonferenz Versorgung hat den Bedarfsplanern ebenfalls ein umfangreiches Maßnahmenpaket für eine bedarfsgerechtere Versorgung an die Hand gegeben.
Seitdem hat es zwar Sonderbedarfszulassung gegeben. Insgesamt ist die gesundheitliche Grundversorgung in vielen Stadtteilen aber immer noch unzureichend, teilweise sogar gar nicht vorhanden.

Es ist unbenommen, dass sich das Problem in den letzten acht Jahren verschärft hat. Gab es damals zwar genug Ärzte aber zu wenig freie Kassensitze, haben wir jetzt zwar immer noch nicht genügend Kassensitze aber auch keine Medizinerinnen und Mediziner, die diese freiwerdenden Sitze auffüllen. Ein doppeltes Dilemma.

Wir müssen uns von vielen Seiten der Bewältigung dieses Problems widmen. Und eins ist ja leider nicht wegzudiskutieren: Die Politik hat nur sehr begrenzt Einfluss auf die Problematik. Die Ärztliche Verteilung obliegt der Selbstverwaltung der Ärzteschaft.

Der Verband der Ersatzkassen und die Kassenärztliche Vereinigung haben in der letzten Woche angekündigt, dass sie ein Honorarpaket ausverhandelt haben, nach dem jährlich 500.000 Euro zusätzlich in die Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Bezirken mit hoher sozialer Belastung fließen sollen. Das ist ein richtiger Schritt.
Wir brauchen mehr solcher Initiativen, meine Damen und Herren.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich dem scheidenden Vorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung, Herrn Plassmann, für die gute Zusammenarbeit in den letzten Jahren danken – gerade in der Pandemiebekämpfung. Ich bin guter Hoffnung, dass wir diese gute Zusammenarbeit mit seinem Nachfolger, fortsetzen und mit ihm an alternativen, innovativen und zukunftsfähigen Versorgungsformen arbeiten werden. Die Gründung eines eigenen MVZs durch die Kassenärztliche Vereinigung wäre ein guter Anfang.

Zum Zusatzantrag der Linken:

Wenn man sich den Einleitungstext des Antrages durchliest, hat man fast den Eindruck, die Linke ist ein bisschen enttäuscht darüber, dass wir vor ihnen das Thema hier in der Bürgerschaft angesprochen haben.
Und nun haben sie sich schnell noch etwas über unseren Antrag Hinausgehendes ausgedacht, damit niemand merkt, dass wir die Initiative übernommen haben.
Ich hätte zumindest von Ihnen erwartet, dass Sie sich wenigstens ansatzweise damit beschäftigen, ob Ihre Forderungen an den Senat Sinn ergeben und rechtlich umsetzbar sind. Das haben Sie allem Anschein nach nicht getan und deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen.

Uns ist durchaus bewusst, dass unser Antrag das Problem nicht kurzfristig lösen wird.
Wir sehen ihn als langfristiges Instrument, als einen Baustein von vielen weiteren, die bewegt werden müssen, damit wir unser Ziel einer ausreichenden und gerechten Gesundheitsversorgung in allen Stadtteilen erreichen.

Vielen Dank!