*** Rede-Manuskript ***

 

Sehr geehrte/r Vorsitzende/r, sehr geehrte Damen und Herren,

 

ich spreche heute nicht nur als gesundheitspolitische Sprecherin meiner Fraktion, sondern auch als berufstätige Krankenschwester zu Ihnen. Als Jemand, die die Auswirkung einer Covid-19 Erkrankung hautnah miterlebt auf einer der vielen Covid-19-Stationen unserer Stadt.

 Das Fatale an dieser Krankheit ist, dass man die gesundheitlichen Auswirkungen im Alltag kaum sieht. Die Menschen, die sich angesteckt haben, befinden sich in Isolation. Viele von ihnen können die Krankheit zuhause auskurieren, aber knapp 600 von ihnen müssen in Hamburger Kliniken behandelt werden.

Besondere Sorge bereitet mir dabei der Umstand, dass die Verläufe auch bei jüngeren Menschen nicht immer „harmlos“ sind. Es sterben Menschen an dieser Krankheit jeden Alters!

Dass der Umgang mit Covid-19-Patienten sich immens von den üblichen Abläufen im Krankenhaus unterscheidet, dürfte inzwischen allen bekannt sein. Neben dem organisatorischen und zeitlichen Mehraufwand haben die Mitarbeitenden auch mit enormer zusätzlicher psychischer Belastung zu kämpfen.

Von erfahrenen Intensivmedizinerinnen und Medizinern ist immer wieder zu hören, dass sie derart schnelle und drastische Krankheits- und Sterbeverläufe so nicht kennen und schwer damit umgehen können.

Es geht nicht spurlos an einem vorbei, wenn man miterlebt hat, wie ein Mensch auf Grund einer Covid-19-Erkrankung nach Luft ringt und man sich hilflos fühlt, weil man am Ende seiner medizinischen und pflegerischen Möglichkeiten steht.

Es wird eine unserer Aufgaben sein, den Mitarbeitenden der Kliniken hier mehr Hilfen anzubieten, damit sie ihre Eindrücke und Belastungen besser verarbeiten können.

Dazu arbeiten meine Kolleginnen und Kollegen jeden Tag mit dem Bewusstsein, sich einem hohen Risiko einer Ansteckung auszusetzen, nicht erst seit Covid-19.

Das ist unser Job. Wir sind eine starke Berufsgruppe. Wir sind teamfähig. Wir arbeiten auch mal Dinge ab, die nicht in unserer Stellenbeschreibung stehen, gerade in einer Krise. Aber auch Pflegekräfte, Ärzte und alle Beschäftigten in Kliniken sind nur bis zu einem bestimmten Punkt belastbar.

Und deshalb bitte ich Sie inständig: Reduzieren sie Ihre Kontakte, befolgen Sie die Ausführungen der Eindämmungsverordnung. Es geht nicht nur um freie Beatmungsplätze, sondern auch um die Belastbarkeit in den medizinischen Berufen auf den peripheren Stationen unserer Kliniken und nicht zuletzt auch um IHRE Gesundheit.

 

Ich möchte aber auch betonen, dass die Möglichkeit, sich für unsere Gesellschaft überhaupt noch einbringen zu können durchaus auch ein Privileg ist und wir dürfen auch die nicht vergessen, die zu Gunsten von uns allen zurzeit noch auf Mitarbeit und Teilhabe verzichten müssen.

Für alle müssen wir deshalb erreichen, dass wir so bald wie möglich zu einer Normalität zurückfinden und das können wir nur schaffen, wenn wir möglichst viele Menschen gegen das Virus impfen.

Die Hamburger Bevölkerung zeigt sich einer Impfung gegenüber sehr aufgeschlossen. Das hilft uns Mitarbeitenden in den Kliniken sehr. Denn, je mehr Menschen sich impfen lassen, um so mehr wird auch die Arbeitsbelastung in den Kliniken zurückgehen.

Rückmeldungen von den mobilen Impfteams zeigen, dass etwa 90% der Bewohnerinnen und Bewohner bereit sind sich impfen zu lassen, aber nur weniger als 70% der Mitarbeitenden in den Altenheimen und Kliniken. Das ist zu wenig. Das können wir sicher noch steigern.

Aber ganz ehrlich, eine Impfverpflichtung ist dabei der falsche Weg. Eine gute Aufklärung und Information sollte die Strategie sein. Eine Verpflichtung wird einer Attraktivitätssteigerung des Berufes sicher nicht dienlich sein.

Meine Damen und Herren,

die Pandemie hat viele Bereiche unseres Zusammenlebens ins Schlaglicht gesetzt, um die wir uns in der Vergangenheit vielleicht nicht ausreichend gekümmert haben. Es wird unsere Aufgabe sein diese Bereiche für die Zukunft besser aufzustellen.

Die Pandemie hat aber auch gezeigt, was erreicht werden kann, wenn alle an einem Strang ziehen. Wenn Politik, Wissenschaft und Wirtschaft an einem Ziel arbeiten.

Wir werden in wenigen Monaten, für alle die es möchten, die Möglichkeit bieten sich impfen zu lassen und das gegen ein Virus, das wir so erst seit etwa einem Jahr kennen. Das ist in der Geschichte der Medizin ein bislang einmaliger und bedeutsamer Vorgang und darauf dürfen wir stolz sein.

Vielen Dank!